von Jan Assmann
Jan Assmanns Buch „Achsenzeit. Eine Archäologie der Moderne“ analysiert das Konzept der Achsenzeit nicht nur als geschichtswissenschaftliche Kategorie, sondern eröffnet auch einen Zugang zu tieferen, spirituellen und kulturphilosophischen Dimensionen, die mit dem spirituellen Konzept des Äonenwechsels in Verbindung stehen.
Der von Karl Jaspers geprägte Begriff der Achsenzeit beschreibt eine Epoche fundamentaler Transformationen zwischen etwa 800 und 200 v. Chr., in der in verschiedenen Kulturräumen unabhängig voneinander neue religiöse, ethische und philosophische Weltbilder entstanden. Assmann zeigt, wie diese Umbrüche als kollektive Bewusstseinswende gedeutet werden können – vergleichbar mit dem in esoterisch-spirituellen Traditionen bekannten Äonenwechsel, der einen tiefgreifenden Wandel im Welt- und Selbstverständnis der Menschheit markiert.
Im spirituellen Sinne bezeichnet ein Äonenwechsel den Übergang von einer Bewusstseinsstufe oder Weltordnung zur nächsten. Solche Wechsel sind mit Phasen des spirituellen Erwachens verbunden, in denen alte Denk- und Glaubensmuster hinterfragt und neue Formen der Selbst- und Welterfahrung möglich werden
Assmanns Darstellung der Achsenzeit als „archäologische“ Tiefenstruktur der Moderne legt nahe, dass die damaligen Entwicklungen – etwa die Entstehung von Universalreligionen, ethischen Individualismus und neuen Transzendenzvorstellungen – nicht nur historische, sondern auch spirituelle Schwellenereignisse waren, die das kollektive Bewusstsein auf eine neue Ebene hoben.
Assmann reflektiert die Achsenzeit als einen Prozess, in dem sich das Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und dem Transzendenten grundlegend wandelte. Dies entspricht der spirituellen Vorstellung, dass Menschheitsgeschichte von wiederkehrenden Zyklen und Bewusstseinswenden geprägt ist, in denen sich das Verhältnis zur „höheren Wirklichkeit“ neu konstituiert.
Die von Assmann analysierten kulturellen Transformationen können somit als Manifestationen eines Äonenwechsels gelesen werden: Sie markieren den Übergang von mythisch-rituellen zu reflexiv-ethischen und universalistischen Weltdeutungen.
Mit dieser Perspektive wird „Achsenzeit“ zu einer Brücke zwischen historischer Analyse und spiritueller Deutung. Assmanns Werk bietet damit nicht nur einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte, sondern auch einen Impuls zur Reflexion über die zyklische Natur von Bewusstseinswandel und die spirituelle Dimension geschichtlicher Umbrüche.

Empfehlung von Tom Bombadil
Was möglich ist, gemeinsam mit Menschen, die sich einen offenen Geist bewahren, überrascht mich immer wieder. Und so sehe ich kein Ende des Weges vor mir, nur einen Horizont.